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Virtual Reality, Animation und Effekte auf der FMX 2016

VR-Brille übergezogen, Kopfhörer aufgesetzt, Impulsträger auf Händen und Füßen befestigt und ein Rucksack aufgesetzt. Plötzlich befinde ich mich in der Simulation einer Raumschiff-Kommandozentrale. Beim Umsehen finde ich Gegenstände auf dem Boden. Sie passen zu einer Öffnung im Raumschiff und plötzlich befinde ich mich in einer Ruine. Es ist dunkel und ich greife nach einer Fackel, die mir Licht spendet. Ich laufe durch beklemmend enge Gänge bis ich einen Weg erreiche, der aus auseinanderliegenden Steinstufen besteht. Vorsichtig mache ich einen Schritt nach vorne, doch mein Fuß scheint nicht ganz auf der Steinplatte zu sein. Ich rutsche ab, ich zittere, ich will mich an den Wänden der Ruine festhalten, doch ich greife ins Leere. Ich habe das Gefühl zu fallen, ich drohe das Gleichgewicht zu verlieren. Plötzlich spüre ich eine kurze Berührung an meinem Arm und habe wieder Boden unter meinen Füßen. „Es ist nur ein Spiel“, schießt es mir durch den Kopf, aber trotzdem laufe ich auf wackeligen Beinen und mit zitternden Händen weiter.

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VR-Spiel von artanim

Die Szenerie eines Star Treck-ähnelnden Holodecks gepaart mit einer Goldgräberstimmung wie aus Indiana Jones konnte vergangene Woche auf der Fachmesse FMX in Stuttgart ausprobiert werden. Dieses immersive Erlebnis wurde von Artanim entwickelt – ein schweizer Forschungsinstut und Unternehmen, dass sich auf VR, 3D Animation sowie orthopädische und Sportmedizin spezialisiert hat.

Das Thema Virtual Reality war nicht das einzige, welche die Besucher in Staunen versetzte. Auch die Produktion von Kinofilmen erlebt eine Revolution. So gab Disney Einblicke in die Entstehung von ihrem neusten Film „Das Dschungelbuch.“ Für diesen Film wurden alle Figuren bis auf das Dschungelkind Mowgli digital erzeugt. 54 Tierarten und über 500 Pflanzenarten wurden am Computer geniert. Der Schauspieljunge spielte daher die ganze Zeit in einer riesigen Blue Screen Stage. Obwohl der indische Dschungel komplett aus Nachbildungen zusammengesetzt wurde, soll der Film dennoch kein Trickfilm, sondern ein Realfilm sein. Damit wurde ein neuer Meilenstein in Hinblick auf die vollständige Digitalisierung von Filmen gesetzt.

Die Macher des Disneyfilms „Alles steht Kopf“ (engl. Inside out) erklärten in einer Präsentation, wie die Bildausschnitte gewählt wurden, damit die Story unterstrichen wird. Die Erschütterung der Welt der Protagonistin spiegelt sich in der Kameraführung wider. Außerdem wurden unterschiedliche Kamerabewegungen für die innere und die äußere Welt gewählt, die am Ende des Films eine Balance findet.

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Matthias Lechner, Disney Animation (Foto: Dominique Brewing and Peter Hacker, FMX)

Der ursprünglich aus Deutschland stammende Concept Artist Matthias Lechner von Disney Animation gab Einblicke in die Produktion von „Zoomania“ und erzählte von den Herausforderungen eine Großstadt zu erbauen, die Tieren gefallen könnte. Anregungen aus der europäischen, russischen und amerikanischen Architektur wurden gesammelt und mit organischen Formen aus der Natur und Tiermustern kombiniert. Darüber hinaus wurden intensive Recherchen über das Verhalten von Tieren durchgeführt, Interviews mit Tiertrainer geführt und sogar Tiere ins Studio eingeladen. Anhand dieser Erkenntnisse wurden Gebäude, Autos, Geschäfte und unzählige Details in der Stadt entwickelt. Mit unglaublicher Liebe zum Detail ist der Animationsfilm mit einer Produktionszeit von vier Jahren entstanden. Es wurden sogar doppelt so viele Gegenstände entwickelt wie für Disneys Animationsfilm „Baymex“ (engl. Big Hero 6).

Die neuen Möglichkeiten im Bereich Animation und Virtual Reality entwickeln sich in einem rasanten Tempo vorwärts und verändern die Produktion von Filmen und Games. Die FMX ist ein idealer Ort sich über die neusten Entwicklungen auszutauschen, neue Insights aus Vorträgen mitzunehmen und sich mit Branchengrößen zu vernetzen. Es bleibt spannend, welche neuen Entwicklungen sich bis zum nächsten Jahr vollziehen und wieder an der FMX im Haus der Wirtschaft präsentiert werden. Für Studenten ist die Veranstaltung auf alle Fälle ein bereicherndes Erlebnis, um sich mit neusten Technologien auseinanderzusetzen und mit Unternehmen ins Gespräch zu kommen.

Disney auf der FMX 2015

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Vortrag Creation of Big Hero 6 (Quelle: www.fmx.de, photographer Reiner Pfisterer)

Die FMX – Conference on Animation, Effects, Games and Transmedia ist eine internationale Konferenz, die jährlich in Stuttgart im Haus der Wirtschaft stattfindet. Talente von namenhaften Firmen und Universitäten aus aller Welt kommen hier zusammen, um sich über die neusten Trends des digitalen Entertainments auszutauschen. Dieses Jahr feierte die FMX ihr 20-jähriges Jubiläum und konnte wieder einen Zuwachs an Besucherzahlen verzeichnen. Täglich kamen über 3.200 Teilnehmer aus 55 verschiedenen Ländern ins Stuttgarter Haus der Wirtschaft.

Besucher konnten sich hier neben spannenden Vorträgen aus der Branche über Jobangebote bei namenhaften Animations- und VFX Unternehmen informieren. Vertreten waren unter anderem Disney Animation, Industrial Light & Magic (ILM), Pixomondo, Mackevision und Inno Games. An Messestände konnte man mit Unternehmensvertretern ins Gespräch kommen und sich Tipps zu seiner Bewerbung einholen. In Recruiting Präsentationen stellten sich ausgewählte Unternehmen auf sehr persönliche Art vor. Sie gaben mit viel Bildmaterial und persönlichen Geschichten Einblick in ihre Abteilungen und ihren Arbeitsalltag.

Disney Animation erklärte den Aufbau und die Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen und zeigte viele Fotos von Mitarbeitern, Meetings und Firmenfeiern. Über 850 Mitarbeiter arbeiten in Kalifornien unter einem Dach an den neuesten Disney Produktionen. Dabei kommt die gesamte Leistung aus ihrem Haus – es sei denn Orchesteraufnahmen werden gemacht. Besonders viel Wert wird hier auf eine intensive Recherche gelegt. Für die Entwicklung von Animationen kann es daher auch vorkommen, dass Tiere in das Animationsstudio geholt werden. Für den Animationsfilm „Die Eiskönigin“ (Originaltitel „Frozen“) wurde zum Beispiel ein Rentierhalter inklusive echtem Rentier in das Animationsstudio eingeladen. Leider stellte sich heraus, dass Rentiere nicht besonders aktiv sind. Deshalb wurde die Art des Rentiers Sven mehr an das Verhalten eines aufgeweckten Hundes angepasst.

Skizze Hiros Zuhause (Quelle: io9.com, Lauren Davis)

Skizze Hiros Zuhause
(Quelle: io9.com, Lauren Davis)

Zum neusten Disneyfilm Baymax (Originaltitel Big Hero 6) gab es ebenfalls einen spannenden Vortrag von Disney Animation über die Entstehung der Stadt San Fransokyo und der Charaktere von Baymax. Software Engineer Brent Burley, Technical Supervisor Hans Driskill und Adolph Lusinsky (Director Cinematography Lighting) erklärten den Prozess der Ideenfindung zu den Stadtbildern und -elementen einer fiktiven Metropole, die aus einer Verschmelzung von San Francisco und Tokyo entstanden ist. Tausende Fotos wurden in diesen Städten gemacht, von Straßenlaternen, Lampen, Belüftungsschächten bis hin zu Architektur und dem Straßenverkehr. So wurde auch ein Foto eines Hauses in San Franzisco gezeigt, das als Vorlage für das Zuhause des Protagonisten Hiro diente. Um die Metropole San Fransokyo zu erschaffen wurden über 83.000 Gebäude, 215.000 Lichter und 100.000 Fahrzeuge kreiert.

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Baymax Inspiration (Quelle: www.io9.com Lauren Davis)

Aber auch die Entwicklung des Charakters Baymax geschah nicht ohne kreative Ideenfindung mit Inspirationen aus der Realwelt. So dienten zwei Glocken aus Japan als Inspiration für das Gesicht des knuffigen Roboters. Im Entstehungsprozess des Films stellte es sich als schwierig heraus, dass Baymax keinen Mund besitzt. Dennoch hielten die Animatoren an der Idee fest und vermittelten Emotionen über seine Körpersprache. Darüber hinaus dient sein Bildschirm auf seiner Brust als Kommunikationsmittel. Hinsichtlich seiner Gangart wurden unterschiedliche Bewegungsabläufe entwickelt – von tapsig bis schwerfällig. Doch am Ende entschied sich das Team für eine tapsige Gangart, die an Babypinguine erinnert.

Zu dem aktuellen Thema „Immersion und virtuelle Realitäten“ präsentierte Mark Mine von Disney Imagineering Erkenntnisse und Insights aus seiner 18 Jahre langen Erfahrung bei Disney Imagineering. Disneys Freizeitparks bieten seit über 60 Jahren Virtual Reality Entertainment an und zählen damit zu den absoluten Vorreitern in der Branche. Als Beispiele sind hier Haunted Mansion mit seinen Geisterprojektionen und die Indiana Jones Attraktion zu nennen. Aus seiner persönlichen Erfahrung hat Mark Mine mitgenommen, dass virtuelle Realitäten vor allem interaktiv, intuitiv, individuell und immersiv sein sollen. Bei der Optimierung des Spielerlebnisses der U-Boot Simulation zu Pirates of the Caribbean fand er heraus, dass das Erlebnis der virtuellen Realität, die über große Bildschirme übertragen wurde, erheblich verbessert wurde, indem reale Kanonen angebracht wurden. Besucher wurden dadurch stärker in die Attraktion miteinbezogen, konnten interagieren und stärker mit der virtuellen Welt verschmelzen.

Es bleibt weiterhin spannend wie sich die Technik in diesem Bereich weiterentwickeln wird, angesichts der neuen Technologien Google Glasses, Microsoft Holo Lenses und Occulus Rift. Auf alle Fälle wird es auch im nächsten Jahr auf der FMX wieder spannend, wenn Pioniere aus der Kreativbranche zusammenkommen.